„Übersetzen heißt, zwei Herren dienen.“

Diese Worte Franz Rosenzweigs, die der stellvertretende Vorsitzende des Landesverband NRW im Deutschen Altphilologenverband, Herr Nießen, an die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger richtete, beschreiben treffend die schwierige Aufgabe, die diese beim Certamen Carolinum zu bewältigen hatten. Seit nunmehr 40 Jahren ehrt der renommierte Wettbewerb herausragende Leistungen bei der Übersetzung. Doch diese Übersetzungsleistung ist weit mehr als die sprachliche Übertragung von Bedeutung, die die Siegerinnen und Sieger auch in diesem Jubiläumsjahr beeindruckend unter Beweis stellten.

Die zwei Herren, das sind nicht nur die alten Sprachen, Latein bzw. Griechisch, und das Deutsche als moderne Sprache. Es ist das Spannungsfeld zwischen Antike und Moderne, die Überwindung der Abstände zwischen Zeiten, Kulturen und Menschen. Ein Dialog über Jahrtausende, in dem sich die Siegerinnen und Sieger mit lauter Stimme zu Wort gemeldet haben und mit Sicherheit auch weiterhin melden werden.

Diese Stimmen braucht es, um die Zukunft zu gestalten, wie Frau Ministerialrätin Silke Hinz vom Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW betonte. Welche Bedeutung die Kompetenzen, die sich junge Menschen durch diesen historischen Dialog erwerben, für die eigene Biografie haben, legte Professorin und ‚Wirtschaftsweise‘ Dr. Dr. Ulrike Malmendier von der University of California Berkeley, selbst ehemalige Preisträgerin und Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes, dar, die die Preisträgerinnen und Preisträger in einer Videobotschaft beglückwünschte. 

Letztere berührten in ihren Wettbewerbsbeiträgen zutiefst Menschliches: Wie die Musik den Menschen mit dem Göttlichen verbindet, die universelle Erfahrung von Entwurzelung, Flucht und Heimatsuche, die Gestaltung von Gesellschaft, Politik und menschlichem Zusammenleben und nicht zuletzt auch die große Frage nach der Freiheit, die der Festvortrag des erst 17jährigen Wettbewerbssiegers Linus Voltz anhand von Lukrez’ Werk De rerum natura auf eindringliche Weise über Zeiten und Disziplinen hinweg an das Publikum richtete, wofür dieser durch Herrn Dr. Leonard Michael mit der Aufnahme in die Studienstiftung des deutschen Volkes ausgezeichnet wurde. Ebenso wie diese wurden auch die übrigen Leistungen der Preisträgerinnen und Preisträger nicht nur von Chara Baltouma, Generalkonsulin der hellenischen Republik in Düsseldorf, und Dr. Michael Ziemons, Oberbürgermeister der Stadt Aachen, sondern auch vom gesamten Auditorium immer wieder mit lang anhaltendem Applaus honoriert.

Ob durch geschriebenes Wort im klassischen Zweig des Wettbewerbes oder durch künstlerische Gestaltung im Wettbewerbszweig „Antike trifft Kunst“ – die Leistung der jungen Menschen besteht darin, in ihrer Person diese allgemein menschlichen Erfahrungen produktiv umzuwälzen. Wer es versteht, solche Gestaltungskraft ausgehend von der Antike gen Zukunft zu richten, der kann von sich zu Recht behaupten, die „zwei Herren“ befriedet zu haben.